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TikToks, Reels, Shorts – Plattformlogiken, KI und Verstärkereffekte verstehen

Input TikTokTactics – Modul B

Überblick

Input Teil A

  1. Wer, Wie, Was – Warum Recommender?
  2. Egal, Hauptsache Engagement!
  3. Zielgruppen und Zielkonflikte

Input Teil B
5. Wertebasierte Social-Media-Kommunikation
6. TikTok-Taktiken

1) Wer, Wie, Was – Warum Recommender?

360 Stunden pro Minute
Jeden Tag werden auf YouTube über 31 Millionen Minuten Videomaterial hochgeladen, auf TikTok über 20 Millionen Videos täglich.

Deshalb gibt es automatisierte Empfehlungssysteme:
Sie filtern, priorisieren, personalisieren nach bestimmten Kriterien.

Aber wie und warum entscheidet ein selbstlernender Algorithmus eigentlich, was relevant ist? Was muss diese Technologie eigentlich können?

Zentrale Fähigkeiten von Recommendersystemen

  1. Items kategorisieren
  2. User analysieren
  3. Beziehungen modellieren
  4. Rankings erstellen
  5. Vorhersagemodelle verbessern

1. Items kategorisieren

"Verstehen", was ein Video zeigt und was für ein Video das ist.

➡️ Analyse von Bild, Ton, Text:
Tanz? Politischer Kommentar? Beauty? Wutrede?

2. User analysieren

"Beobachten", wie Menschen auf Videos reagieren

Wer hat wie lange geschaut?
Wurde geliked, geteilt, kommentiert?
Weitergewischt?

➡️ Das System lernt, was interessiert – und was nicht.

3. Beziehungen modellieren

Zusammenhänge erkennen zwischen Usern & Videos

Menschen, die Video A mochten, mochten auch B

➡️ Clusterbildung – ohne Einsicht in die Logik

4. Rankings dynamisch erstellen

Sofort bewerten, was du als Nächstes sehen solltest

Basierend auf Reaktionen, Interessen, Trends

➡️ Ziel: Maximale Verweildauer & Engagement

5. Vorhersagemodelle verbessern

Das System passt sich ständig an:
Neue Interessen? Sinkendes Interesse?

➡️ Dein Feed verändert sich mit deinem Verhalten.

📌 Warum ist das wichtig?

Recommendersysteme sind nicht neutral.

➡️ Sie zeigen:

  • mehr vom Gleichen,
  • emotional Kontroverses,
  • kaum etwas, auf das du nicht reagierst.

➡️ Kein Abbild von Vielfalt, sondern Verstärkung von Verhalten

Machine Learning in Recommendern

Maschinelles Lernen zur Frage:
👉 „Welche Inhalte sollen diesem Account als Nächstes gezeigt werden?“

➡️ Analyse von:

  • komplexem Nutzungsverhalten
  • vielfältigen Inhaltsmerkmalen

➡️ Ziel: Wahrscheinlichkeit abschätzen, dass ein Video geschaut, gelikt oder kommentiert wird.

Quantifizierung durch ML-Modelle

z. B. neuronale Netze, Decision Trees, Transformer

➡️ Systeme brauchen Daten zur Prognoseberechnung

2) Egal, Hauptsache Engagement!

"Different factors, have different importance, in different contexts."
– Todd Beaupré (Google)

Was ist Engagement?

➡️ Messbares Signal für ML
➡️ Grundlage der Optimierung

Das System lernt, welche Inhalte Engagement erzeugen

Engagement-Signale 1

  • Watchtime – Dauer in Sekunden
  • Like – Zustimmung, binär (0/1)

Engagement-Signale 2

  • Share – Soziale Relevanz
  • Save – Langfristiges Interesse

Engagement-Signale 3

  • Kommentar – Tieferes Engagement, Polarisierung
  • Follow – Relevanz des Creators

Engagement-Signale 4

  • Skip – Ablehnung, > 3 Sekunden
  • Replay – emotionale Bindung
  • Pause – Detailfokus

Maschinelle Lernlogik

  • Nutzungssignale steuern Lernen
  • Inhalte & Verhalten werden analysiert
  • Empfehlung basiert auf Verhalten, nicht Werten

Modell lernt:
„Welche Merkmalskombinationen erzeugen welches Verhalten?“

Ziel:
Mehr von dem zeigen, was Verweildauer erzeugt

Psychologie des Engagements

Engagement = emotionale Reaktion
Nicht = Zustimmung oder Qualität

Ein falsches Video kann Wut erzeugen → mehr Engagement

Engagement ≠ Qualität

  • Nicht jeder Like = Zustimmung
  • Nicht jeder Kommentar = Interesse

Viele engagieren sich, weil sie wütend sind

Inhaltstyp Psychologischer Mechanismus Engagementwirkung
Extreme Inhalte Negativity Bias, Moral Outrage Mehr Shares & moralische Kommentare
Sensationslogik Orientierungsreaktion, Dopamin-Reize Längere Watchtime, weniger Skippen
Polarisierung Kognitive Dissonanz, Gruppenidentität Kommentare von beiden Seiten, Viralität

Strategische Interaktionsoptimierung (Engagement-Farming)

Emotionale Überladung

➡️ Wut, Angst, Nostalgie oder Staunen performen besser

Manipulative Aufrufe

➡️ „Like, wenn du…“, „Tagge jemanden…“

Clickbait

➡️ Überschriften oder Thumbnails versprechen zu viel

Kontroversen

➡️ Polarisierung = mehr Kommentare = mehr Reichweite

Kommentare provozieren

➡️ Fragen, absurde Thesen, Reizthemen

Recycling von Trends

➡️ Beliebte Sounds & Formate wiederverwenden

Engagement & Verstärkereffekte

Ursache Wirkung
Optimierung auf Engagement Emotion vor Inhalt
Feedback-Loop Kleine Erfolge werden groß gemacht
Ähnlichkeitslernen Mehr vom Gleichen
Swipe-Architektur Ständiges Feedback durch Nutzung
Kein Qualitätsfilter Kein Schutz vor Desinformation & Polarisierung

Fazit: Verstärkereffekt

Ein technisches Design erzeugt eine Verstärkung emotionaler Inhalte.

Nur veränderbar durch:

  • neue Zielgrößen (z. B. Zufriedenheit statt Engagement)
  • Algorithmen, die Vielfalt belohnen
  • Medienbildung
  • reflektierte Nutzung