TikToks, Reels, Shorts
Plattformlogiken, KI und Verstärkereffekte verstehen



360 Stunden Video pro Minute
1296000 sec
1 sec

recommender

Überblick
- Wer, Wie, Was - Warum - Recommender?
- Egal, Hauptsache Engagement!
- Konsum-Amplifier
- Algometrie - Lets play!



Zentrale Fähigkeiten von Recommendersystemen
- Items kategorisieren
- User analysieren
- Beziehungen modellieren
- Rankings erstellen
- Vorhersagemodelle verbessern








1. Items kategorisieren
d.h., "Verstehen", was ein Video zeigt und was für ein Video das ist.
Das System muss erkennen:
Ist das ein Tanz, ein politischer Kommentar, ein Beauty-Tutorial oder ein wütender Monolog?
➡️ Dafür analysiert das System Bild, Ton, Text.



2. User analysieren
d.h., "Beobachten", wie Menschen auf Videos reagieren
Das System merkt sich:
- Wer hat wie lange geschaut?
- Wurde geliked, geteilt oder kommentiert?
- Wurde gleich weitergewischt?
➡️ Es „lernt", welche Inhalte einen Account wirklich interessieren – und welche nicht.



3. Beziehungen modellieren
d.h., Zusammenhänge zwischen Menschen und Videos erkennen
Das System versucht zu verstehen:
„Aha, Menschen, die Video A mochten, mochten oft auch Video B."
➡️ Es bildet so Cluster von ähnlichen Videos und Accounts, ohne dass wir Einsicht haben.



4. Rankings dynamisch erstellen
d.h. schnell entscheiden, was du als nächstes sehen wirst
Das System bewertet aktuell Millionen von Videos:
„Welches davon passt jetzt genau zu dir – basierend auf deinen bisherigen Reaktionen?"
➡️ Es will möglichst genau vorhersagen: „Was hält einen User am längsten auf der Plattform und erzeugt Engagement?"



5. Vorhersagemodelle verbessern
d.h. es lernt über eine dauerhafte Feedback-Schleife
Wenn du aufhörst, bestimmte Inhalte zu schauen oder neue Interessen zeigst, merkt es das.
➡️ Es passt sich ständig an – dein Feed verändert sich mit dir.



Diese Systeme sind nicht neutral
Sie zeigen dir das, was dein Nutzungsverhalten bedient, nicht unbedingt das, was du brauchst oder suchst.
Das bedeutet:
- du mehr Ähnliches siehst
- kontroverse/emotionale Inhalte überbetont werden
- Inhalte „unsichtbar", wenn du nicht darauf reagierst



Machine Learning Technologien
„Welche Inhalte sollen diesem Account als Nächstes angezeigt werden?"
Dazu analysiert es komplexes Nutzerverhalten und vielfältige Inhaltsmerkmale und lernt daraus Wahrscheinlichkeiten:
- Wie wahrscheinlich ist es, dass du das nächste Video zu Ende schaust?
- Oder likest, kommentierst, folgst?



Was ist Engagement?
"Different factors have different importance, in different contexts."
Todd Beaupré (Senior Director Product Mgnt. Google)
Engagement ist ein messbares Signal.
Maschinelles Lernen braucht Zahlen – und Engagement liefert diese.
Das Modell gewichtet diese Signale, lernt ihre Zusammenhänge mit Inhaltsmerkmalen und optimiert den Feed daraufhin.



Engagement-Signale (1/4)
⏱️ Watchtime
Bedeutung: Interesse, Relevanz
Daten: Dauer in Sekunden
❤️ Like
Bedeutung: Zustimmung, Positivität
Daten: 0 / 1



Engagement-Signale (2/4)
📤 Share
Bedeutung: Soziale Relevanz, virales Potenzial
Daten: 0 / 1 + Zieladresse
📌 Save
Bedeutung: Langfristiges Interesse
Daten: 0 / 1



Engagement-Signale (3/4)
💬 Kommentar
Bedeutung: Tieferes Engagement, oft mit Polarisierung
Daten: 0 / 1 + Kommentartext
➕ Follow
Bedeutung: Relevanz des Creators
Daten: 0 / 1



Engagement-Signale (4/4)
⏭️ Skip (Swipe)
Bedeutung: Ablehnung oder Langeweile
Daten: Schwellwert: > 3 Sekunden
🔄 Replay
Bedeutung: emotionale/visuelle Bindung
Daten: +1



Maschinelle Lernlogik
Nutzungssignale (User-Engagement) steuern Lernprozesse
Modell analysiert Videoinhalte (gewichteter Merkmalkatalog)
Modell analysiert Account-Verhalten (Reiz-Reaktion)
Empfehlung wg. nutzungsseitiger Signale, nicht inhaltl. Werte,
Modell lernt: „Welche Kombinationen von Merkmalen erzeugen welches Verhalten?"
Optimierung: „Zeige mehr von dem, was Engagement erzeugt."
Zielsetzung: Maximierung von Verweildauer und Aktivität.







Psychologie des Engagements
Engagement ist ein Ausdruck von Affekten und emotionalen Reaktionen, aber kein Beweis für Inhaltsqualität, Zustimmung oder Aufklärung.
Engagement ≠ Zustimmung oder Qualität
Beispiel: Ein provokantes, falsches oder hetzerisches Video kann Wut auslösen, und genau deshalb interagiert das Publikum stark – um zu widersprechen, sich aufzuregen oder es weiterzuleiten.



Strategische Interaktionsoptimierung
Emotionale Überladung
Inhalte, die Wut, Angst, Nostalgie oder Staunen hervorrufen, performen oft besser.
Manipulative Aufrufe
„Schreib 'Amen' in die Kommentare", „Like, wenn du das auch so siehst", „Tagge jemanden, der das braucht"
Clickbait-Formulierungen
Titel/Thumbnails versprechen mehr, als der Inhalt hält.



Strategische Interaktionsoptimierung
Kontroversen Schüren
Polarisierung erzeugt Kommentare und Reichweite.
Kommentare Provozieren
Offene Fragen, absurde Thesen und Reizthemen animieren zu Diskussionen.
Trends Recyclen
Verwendung populärer Sounds, Memes oder viraler Clips mit minimalem Eigenanteil






Engagement und Verstärkereffekte
Ursache
Wirkung
Optimierung auf Engagement
Feedback-Loop
Ähnlichkeitslernen
Interfacedesign
Fehlende inhaltliche Bewertung
Schnelle, emotionale Inhalte bevorzugt
Erste Erfolge massiv verstärkt
Ausspielen bekannter Inhalte
Reflexartiges Feedback
kein Filter für Richtigkeit oder Qualität
Engagement - nur ein Baustein in Software-Architektur, die verschiedene Verstärkereffekte erzeugt.
Recommender wurden Designed
Technische Designs sind nie neutral.
Der Verstärkereffekt lässt ggf. bremsen durch:
- andere Zielgrößen (z. B. Zufriedenheit statt Engagement)
- Algorithmen, die inhaltliche Vielfalt betonen
- Medienbildung, die diese Systeme verstehbar macht
- geänderte Nutzungsweisen (reflektierend statt reaktiv)



Was Plattformen könnten
jenseits von Watchtime & Wut:
- Inhaltliche Präferenzen selbst angeben & gewichten
- Differenzierte Accounteinstellungen ermöglichen
- Empfiehl mir Ähnliches-Buttons zur aktiven Steuerung
- Topic-Feeds statt personalisierter Feeds wie bei Bluesky
- Follower-basierte Gewichtung wie bei Mastodon
- Abonnementbasiert wie bei YouTube
- Regel-/Communitybasiert wie Discord/Mastodon










Orientierung durch redaktion
Was wäre, wenn wir nicht nur auf Algorithmen vertrauten?
Alternativen im Empfehlungsdesign:
- redaktionelle Netzwerke technisch abbilden (ÖRR, Presse, Recherchenetzwerke)
- Verifizierte Quellen/Wissen bevorzugen und ausweisen
- Menschen statt Maschinen moderieren Inhalte



...wären da nicht diese Netzwerkeffekte
Warum bleiben wir trotzdem bei TikTok, Insta, YouTube & Co.?
Netzwerkeffekte = Je größer das Netzwerk, desto größer der Nutzen für alle.
- Reichweite & Sichtbarkeit gibt es dort, wo die Masse ist
- Interaktion entsteht da, wo sich bereits viele Menschen bewegen
- Viralität folgt der algorithmischen Plattformlogik
- Gewöhnung & Komfortzonen erschweren Plattformwechsel



Für zivilgesellschaftliche Akteure gilt:
Wir agieren in bestehenden Systemen – aber wir können sie reflektiert, kreativ und wertebasiert nutzen.
→ Jetzt steigen wir gemeinsam in die Methode „Algometrie" ein.






Methode - Algometrie




Methode - Algometrie




Methode - Algometrie
Vielen Dank!
Fragen & Diskussion
🤝 💭 🗣️



Copy of Copy of TikTokTactics Modul A: Vertikale Kurzvideos - Praxis und Produktion
By mediale pfade
Copy of Copy of TikTokTactics Modul A: Vertikale Kurzvideos - Praxis und Produktion
- 0